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Heiligkreuzsteinach |
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Julien Leclère
aus Pexonne
geboren 1926
Zwangsarbeit im Wald bei
Heiligkreuzsteinach
Baracke am Bach (gegenüber evang. Kirche, Platz heute überbaut)
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Verschleppung
Ich bin aus Pexonne verschleppt worden, ich stamme aus Pexonne selber.
Wir waren dann in Badonviller im Keller der Schule eingesperrt.
In Hemingen sind wir [am übernächsten Tag] in den Zug
gestiegen, sind die ganze Nacht gefahren.
Wir sind am Bahnhof Heidelberg angekommen und sind zu einem
großen Saal marschiert.
Als wir am 11.November 1944 in Heidelberg angekommen waren, da fragten
die Leute am Ausgang des Bahnhofs die Soldaten, welche uns bewachten:
„Wer sind die?“ Sie antworteten: „Terroristen.“
Und da machten sie sich über uns lustig.
Wir haben eine Nacht in Heidelberg geschlafen, das war ein Saal voller
Statuen.
Wir waren da nur einen Tag, glaube ich. Am nächsten Tag sind wir
mit dem LKW weggefahren worden.
Wir, die wir nach Heiligkreuzsteinach kamen, waren etwa 30. Heute leben
noch fünf von ihnen. Ich war mit meinen beiden Brüdern dort
und mit den anderen beiden habe ich auch Kontakt.
Fenster des Schulkellers in
Badonviller |
Schule in Badonviller, in dessen Keller alle Männer des
Transportes eine Nacht auf dem nackten Boden und ohne Toilette
verbringen mussten.
Ich bin ein Passant dieser Geschichte. Ich
wohne hier in Badonviller 50 Meter von dem Gefängnis entfernt, wo
wir eingesperrt waren.
Jeden Tag komme ich da vorbei, ich muss daran denken. Das war in den
Kellern der Schule, das war die erste Station. Wir sahen die Soldaten,
die uns bewachten, die Straße auf und ab gehen.
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Baracke in Heiligkreuzsteinach
Ich habe den Platz der Baracke gefunden als ich im Juli 2003 da war. Die Baracke
haben sie entfernt, um ein Gebäude hinzustellen. Der Bach war
gleich dahinter, der Bach, wo wir uns gewaschen haben und die
Wäsche gemacht haben. Das war eine Holzbaracke gewesen mit
Stockwerksbetten, einer war über dem anderen. Wir machten Feuer,
es gab einen Ofen darin.
Der Kontakt mit der Bevölkerung war schwierig, denn wir sprachen
kein deutsch. Es gab da einen Schuhmacher, gleich hinter dem Bach auf
der anderen Seite[= Adam Beckenbach]. Er war im Ersten
Weltkrieg Kriegsgefangener in Frankreich gewesen, er sprach gut
französisch. Die Kameraden gingen zu ihm und lenkten ihn ab, damit
sie das Radio laufen lassen konnten, um Nachrichten zu hören. Oh,
er war freundlich, er wohnte etwas unterhalb der Baracke etwas vor der
evangelischen Kirche.
F: Gab es andere Ausländer da?
Nein, nur wir.
Sonntags gingen wir in die Messe in die Kirche oben. Der Priester von
Heiligkreuzsteinach war zufrieden, uns an den Sonntagen zu sehen, wie
wir unter seine einheimischen deutschen Gemeindemitglieder gemischt waren und er sagte
zu ihnen: „Seht die Franzosen, sie haben das Bedürfnis, jeden
Sonntag hierher zu kommen!“ Und das stimmte! „Sie sind alle da.“ Er
sollte uns auf das Osterfest vorbereiten zusammen mit den Kameraden,
aber wir sind dann vorher am Karfreitag fortgegangen von Heiligkreuzsteinach.... Nach
dem Gottesdienst kehrten wir in die Baracke zurück, ich
weiß nicht mehr, was wir sonntags gemacht haben. Wir mussten unsere
Wäsche waschen zum Beispiel. |
Arbeit im Wald
Wir haben nur im Wald gearbeitet, wir haben hart gearbeitet. Das war
hart, dazu kam die Kälte. Wir haben keine Kleider bekommen, nein.
Aber trotzdem war kaum einer krank. Keiner hat die Grippe gehabt. Wir
haben sicher für den Staat gearbeitet, um uns herum waren die
Forstwarte.
Da war eine Frau, welche kochte. Sie hatte die jüngsten sehr gern.
Denn es gab welche unter uns, die sechzehn waren. Also verwöhnte
sie die ein wenig, die kleinen. Sie kochte in der Baracke, für
morgens, mittags und abends.
Mittags blieben wir im Wald, wir hatten unsere Suppenschale dabei. Man
machte Feuer, ein großes Feuer. Aber wir mussten doch vorsichtig
sein, denn unsere Bewacher wollten das nicht so gerne. Denn es gab
immer viel Rauch mit dem Feuer, das waren Fichten, und wenn Flugzeuge
kamen, war das gefährlich.
Mit den Forstwarten ging es einigermaßen, ich glaube einer
hieß „Sawasch“, der andere hieß Herr Sauter. Sie waren
nicht böse, aber immer hieß es: „Los! Arbeiten!“
Wir arbeiteten jeden Tag im Wald außer an den Sonntagen.
Ich war jung damals, 18 Jahre, hatte einen guten Appetit.
Wir gingen Kartoffeln zusammen suchen
auf den Feldern, aber es gab nicht viele. Es gab sogar einige Bauern,
die uns aufmachten, um uns ein wenig etwas zu geben, aber nicht viele.
Manche gaben uns einen Teller Suppe. |
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F: Hatten Sie Kontakte zu den anderen
Vogesenleuten?
Nein, ich glaube überhaupt nicht. Wir wussten nichts von ihnen.
Und wir wussten nichts von unseren Familien. Das war das schlimmste,
wenn man wie ich 18 Jahre alt war...
Die Zeit hat mich sehr geprägt, das war ein einschneidendes
Erlebnis. |
Als die Amerikaner kamen, habe ich einen
Bauern in der Straße aufgesucht, die zur Kirche hinaufführt.
Er hat uns mit seinem Pferd in einem Wagen fortgebracht...
Bei meinem Besuch im Jahr 2003 habe ich fast alles wiedergefunden.
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Michel Colin
Geboren 1928 in Fenneviller
Landwirt in Fenneviller
Zwangsarbeit im Wald bei
Heiligkreuzsteinach
Baracke bei der Kirche am Bach
Er war der jüngste dieses Kommandos
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Verschleppung nach Heidelberg
Von Fenneviller waren mit mir noch drei in Heiligkreuzsteinach. Aber ich war der einzige Verschleppte aus meiner Familie.
Von Fenneviller waren es vielleicht fünfzehn, die verschleppt
worden sind, Männer zwischen 16 und 45. Ich war 16 Jahre alt.
Wir haben zuerst beim Dorf für die Organisation Todt gearbeitet, um
Schützengräben zu
machen. Und dann haben sie gesagt, dass man zu einer Versammlung nach
Pexonne (=Nachbardorf) vor die Kirche gehen müsse. Dann haben sie uns in die
Kirche hineingehen lassen. Dann haben sie auf der einen Seite die
Männe zwischen 16 und 45 herausgeholt, die übrigen zur
anderen Seite rausgehen lassen. Wir hatten zwei Stunden, damit unsere
Verwandten und Lebensmittel und Kleidungsstücke bringen konnten.
Das war bewacht von Feldgendarmen mit ihrer Metallplakette.. .
Wir sind auf dem Bahnhof Heidelberg angekommen, und dann hat man uns in
einem großen Saal einquartiert, ich weiß nicht, wie das
hieß. Es gab Holzwolle, um darauf zu schlafen. Dann haben sie
dort gefragt nach Leuten, die in der Landwirtschaft arbeiten wollten,
es haben sich welche gemeldet, und dann ging es in den Wald mit meiner
Gruppe. Und die übrigen sind dann in die Industrie gebracht worden.
Waldarbeit
Wir arbeiteten im Wald. .
Was die Kleider betraf: wir arbeiteten im
Wald, aber wir hatten nichts, um uns umzuziehen.
Derjenige der uns Befehle gab, das war der deutsche Forstwart, er hatte eine Mütze. Ich weiß nicht, für welche
Organisation wir gearbeitet haben. Uns wurden von diesem Forstwart
Befehle gegeben, denn durch zwei Holzfäller-Vorarbeiter. Wir
fällten Fichten, um Stützen zu machen, Balken für die
Bergwerke, Stücke von zwei Metern Länge.
Dem Forstwart, der sich um uns kümmerte, gelang es für uns
eine Hose zu bekommen. Deren Stoff war aus Holzfasern gewoben. Also war
er sehr rau, das kratzte auf der Haut.
Die Schuhe waren mit Holzsohlen, und wir bekamen keine Socken.
Wir haben uns beholfen mit dem, was wir mitgebrachte hatten, ein wenig
Wäsche, was uns die Verwandten gebracht hatten, als wir
abmarschierten.
In diesem Winter ist eine sehr starke Schneedecke gefallen, man konnte
nicht mehr im Wald arbeiten. Mit Schaufeln ging man los, um die
Straße zwischen den benachbarten Dörfern befahrbar zu machen.
Da war ein Dorf, das hieß, wie ich glaube, Lampenhain und noch
ein anderes, an dessen Namen ich mich nicht erinnere. Es gab eine
große Schneemenge von 50 cm, die lag ungefähr drei Wochen
lang, und mit Schaufeln räumten wir die Straßen.
F: Haben Sie Kontakt zur Dorfbevölkerung gehabt?
In den
Kaufläden gab es nichts mehr...
F: Haben Sie nicht bei den Bauern gearbeitet?
Nein.
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F: Was hat man sonntags gemacht?
Am Sonntag sind wir nicht in den Wald
gegangen. Wir wuschen das, was wir an Wäsche hatten in der
Steinach, dem Bach hinter der Baracke, man machte seine
Wäsche... Manchmal hatten wir auch Kontakt mit der Gruppe in
Schönau (vgl. Schönau 1
und Schönau 1).
Die Baracke in
Heiligkreuzsteinach
Im Wald waren wir zwei Gruppen von 30 Leuten, die eine Gruppe war ein
wenig weiter in Richtung Heidelberg in einem Dorf, das Schönau
hieß. Und wir sind 10 km weiter nach Heiligkreuzsteinach
gekommen. Das war in Lastwagen von Heidelberg aus.
In Heiligkreuzsteinach waren wir in einer Holzbaracke, die für
Gefangene gemacht worden war, denn es gab Pfosten ringsherum, aber der
Stacheldraht war nicht gezogen worden. Ich weiß nicht, ob sie
schon belegt war. Als wir angekommen sind, war sie leer. Es gab einen
großen Schlafraum und dann gab es kleine Zimmer, darunter ein
Raum für die Person, die für uns kochte und einige andere.
Von den 30 waren gut 25 in dem großen Schlafraum. Wir hatten
einen Strohsack mit Gerstenstroh. Wenn wir ins Tal herunterkamen nahm
jeder ein Stück Holz mit zum Heizen. Es gab einen Ofen da.
F: Wie war die Frau, die die Küche machte?
Wir waren nicht im Club Méditerrané! Wir bekamen oft
Rüben oder erfrorene Kartoffeln. Woran ich mich erinnere, denn ich
hatte damals Hunger, das war, dass wir in der Woche einen Laib Brot
bekamen. Ich denke, dass die deutschen Zivilisten mehr bekamen. Das war
ein großes viereckiges Kastenbrot für eine Woche. Mit einem
Messer ritzte man das ein, um nicht zu viel zu essen, damit es bis zum
Ende der Woche reichte, damit man es nicht zu schnell aß.
Für eine Person gab es so ein Kastenbrot, ich weiß nicht wie viel
es wog.
F: Gab es einen Chef in der Baracke?
Nein, auf der Seite der Franzosen gab es einen Dolmetscher.
Wir waren von allem abgeschnitten, wir haben niemals Briefe bekommen
und man konnte auch nicht schreiben.
Nachdem uns die Amerikaner befreit
hatten, hat man uns in Mannheim in Kasernen zusammengefasst. Dort war
die Hälfte des Planeten vertreten, viele Nationen... Und dann ist
man in Lastwagen weggefahren über Speyer, Weißenburg nach
Straßburg.
Aber wir sind nicht misshandelt worden, wir hatten
wenig zu essen, aber sind nicht misshandelt worden.
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Erinnerungen von Frau K., Heiligkreuzsteinach
Ich war damals 10 Jahre alt. Meine Eltern hatten einen Bauernhof in
Heiligkreuzsteinach. Mein Vater war zu diesem Zeitpunkt bereits
gefallen, er starb am 1.August 1944. Meine Mutter musste den Hof allein
bewirtschaften. Es war üblich, dass diese Franzosen in ihrer
freien Zeit, das heißt an Samstagen, Sonntagen und abends den
einheimischen Bauern, den Bauernhöfen zugeteilt wurden, um ab und
zu zu helfen. Das taten die gerne, weil sie dafür zu essen
bekamen. Wir wohnten damals am Rand des Sportplatzes, der Bauernhof
besteht heute nicht mehr... Wir hatten damals vielerlei, Kühe,
Schweine, Obstbäume...
Zu uns auf den Hof kamen vor allem zwei Franzosen mit den Vornamen
Jean, der war groß und blond, und André, der kleiner
war. Die Nachnamen weiß ich nicht. Die haben dann ans
Samstagen öfters geholfen, vor allem beim Holzmachen. Ich erinnere
mich noch, dass wir damals auf dem „Köpfel“, auf dem „Mittleren
Kopf“ Eichwald geschlagen haben. Dann kamen sie auch abends zum
Ausmisten des Kuhstalls. Das war die Arbeit, die ich sonst hätte
machen müssen, das war mir natürlich sehr recht.
Und dann sind sie mit Milch in einer Flasche unter der Jacke
weggegangen. Es war ja alles kontrolliert, alles musste abgegeben
werden, also war das nur heimlich möglich. Wir hatten große
Probleme, ihnen die Milch heimlich mitzugeben, es gab ja keine
Behältnisse. Ich erinnere mich, dass wir überall kleinere
Flaschen gesucht haben. Auch wenn sie verschmutzt waren, haben wir sie
gereinigt, damit die sie unter der Jacke mitnehmen konnten. Das waren
Fläschchen, wo vielleicht ein halber Liter reinging. Sie haben als
so ein kleines Fläschchen mitgebracht mit so einem
Bügelverschluss. Dann haben wir als direkt hineingemolken,
ungeseiht, das war denen egal. Die haben Hunger gehabt.
Sie haben gern bei uns gearbeitet, weil sie halt gewusst haben: sie
kriegen bei uns ihr Essen.
Sie hatten Lumpen an den Füßen gehabt, keine Socken. Meine
Mutter hat ihnen manchmal Socken gegeben.
Die Baracke war unter der Aufsicht von einem Herrn Sauer, dessen Frau
hat für die Franzosen gekocht. In der Baracke standen zwei
Öfen. Als ich einmal in der Baracke drin war, da kam mir das nicht
kalt vor. Es war ein großer Raum und einige kleinere, wo die
Betten aufgestellt waren.
Ich erinnere mich noch an den Mus-Eimer, so sagten wir. Es gab ja im
Krieg keine Marmelade zu kaufen, wir hatten nur das, was meine Mutter
machte. Da interessierten wir uns für den Mus-Eimer, wo die
Marmelade für die Franzosen drin war. Frau Sauer hat uns einmal
probieren lassen. Ich weiß nicht was für ein Zeug das war,
irgend so etwas Rotes..
Im Dezember kamen sie einmal als Nikolaus, aber das war eine andere
Sitte, als sie bei uns üblich ist. Sie kamen zu zehnt oder zu
zwölft und die meisten waren als eine Art Teufel verkleidet. Ich
habe da richtig Angst bekommen.
Dass die Zwangsarbeit zu leisten hatten, das war uns, zumindest uns
Kindern, nicht bewusst. Daran haben wir nicht gedacht.
Wenn wir Arbeit gehabt haben, dann haben wir die geholt. Es gab nur
Schwierigkeiten, weil wir ihnen zu viel gegeben hätten. Das hat
der Sauer anscheinend mitgekriegt, da ist er einmal zu meiner Mutter
gekommen . Aber die hat gesagt: „Ich geb’ denen nix!“
F: Die haben erzählt, dass sie Kontakt zu einem Schuhmacher gehabt
hatten in der Nähe. Wer war das?
Ja, das Häusel steht noch, der hieß Adam Beckenbach, der ist
schon lang gestorben. Da geht so eine kleine Brücke über den
Bach, dann geht’s zwischen zwei Häusern durch, und dann ist rechts
die Post und daneben das kleine Haus. Da war unten drin die Werkstatt,
und außen geht die Treppe hoch zur Wohnung. Familie hat er keine
gehabt, der Adam.
Die Baracke stand an einem Platz, der früher Turnplatz
geheißen hat, hinter dem alten Rathaus, das heute abgerissen ist
an der Steinach, gegenüber ist das Lager von Futtermittel-Herbig.
Die Baracke stand also ziemlich am Ortskern dran, nur ein wenig
beiseite.
Anmerkung dazu von Julien Leclère: Die beiden Franzosen, an
die sich Frau K. erinnert, sind André Dévenait und Jean
Mangeolle, beide sind schon von sehr langer Zeit gestorben.
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